Rastertunnelmikroskopie hat sich seit dem Nobelpreis (Binnig und Rohrer, 1986) zu dem entscheidenden experimentellen Hilfsmittel der Nano-Wissenschaften entwickelt.
Die Grundlage für die Funktionsweise eines Rastertunnelmikroskops ist der quantenmechanische Tunneleffekt. Werden zwei elektrisch leitende Elektroden so nahe zusammengebracht, dass sie nur noch durch eine dünne isolierende Schicht, wie zum Beispiel durch ein Vakuum, getrennt werden, kommt es zu einem Überlapp der Wellenfunktionen und Elektronen können von der einen Elektrode zur anderen durch die Barriere hindurch tunneln. Wird zwischen die Elektroden eine Spannung von etwa U ~1 V angelegt, so ist ein makroskopischer Strom in der Größenordnung weniger nA messbar. Bei dem Rastertunnelmikroskop (engl.: scanning tunneling microscope, STM ) ist eine der beiden Elektroden durch eine feine Spitze realisiert, die als Sonde fungiert. Der Radius der Spitze beträgt typischerweise 20 - 500 nm und wird auf etwa 0,1 - 0,5 nm an die Oberfläche einer Probe, die die zweite Elektrode des Tunnelkontaktes darstellt, angenähert. Aufgrund der im Folgenden zu zeigenden starken Abhängigkeit des Tunnelstromes vom Abstand zwischen Spitze und Probe kann die Oberfläche einer Probe, indem diese zeilenweise abgerastert und dabei der Tunnelstrom als Funktion des Ortes gemessen wird, atomar aufgelöst untersucht werden.
Es gilt folgender Zusammenhang:
Aufgrund des exponentiellen Zusammenhangs zwischen Tunnelstrom und Abstand erreicht man eine sehr hohe z-Auflösung. In unserem Fall liegt sie bei ca. 1 pm (!). Daher fließt auch fast der gesamte Tunnelstrom über ein zur Oberfläche nächste Spitzenatom.
Im Wesentlichen besteht ein Rastertunnelmikroskop aus einer Scannereinheit und einer Regelungselektronik. Bei beiden verwendeten Rastertunnelmikroskopen ist die Scannereinheit als sogenannter Röhrchenscanner realisiert, auf dem die Tunnelspitze fixiert ist. Das Röhrchen besteht aus einem Piezo-Kristall in Form einer Röhre, die eine Innenelektrode und eine in vier Quadranten aufgeteilte Außenelektrode hat. Durch Anlegen einer elektrischen Spannung zwischen der Innen- und allen vier Außenelektroden wird das Röhrchen in der Länge gestreckt bzw. gestaucht und die Spitze in z-Richtung positioniert. Die vier Außenelektroden können aber auch unterschiedliche Spannungen zur Innenelektrode haben. Somit kann eine Seite des Röhrchens gedehnt und die andere Seite gestaucht werden, wodurch sich das Röhrchen verbiegt und die Spitze in x- und y-Richtung auf den Bruchteil eines Atomdurchmessers genau positioniert werden kann.
Die Messung der Probentopologie kann auf zwei verschiedene Weisen geschehen:
1.) Konstanthöhenmodus wird die z-Position der Spitze konstant gehalten und die Probe in x- und y-Richtung zeilenweise abgerastert. Durch Höhenunterschiede auf der Probenoberfläche variiert der Tunnelstrom und wird als Funktion des Ortes gemessen. Für die Darstellung der Probentopologie wird der Tunnelstrom in Helligkeitswerte übersetzt und in einem Bild als Helligkeitskontrast dargestellt. Der Vorteil dieser Methode liegt in der erreichbaren hohen Scangeschwindigkeit, so dass mit einer Bildwiederholrate von mehr als 25 Bildern pro Sekunde gemessen werden kann. Allerdings eignet sich dieser Modus sich nur für flache Oberflächen, da sonst die Gefahr eines Kontakts mit der Probenoberfläche besteht.
2.) Eine andere Methode stellt der Konstantstrommodus dar. Hierbei wird der Tunnelstrom durch eine Regelung des Abstandes zwischen Probe und Spitze bei der Rasterung über der Probenoberfläche konstant gehalten und dabei die z-Bewegung des Scanners als Funktion des Ortes gemessen. Diese Höheninformationen lassen sich wie oben in Helligkeitswerte übersetzen und die Topographie kann somit in einem Bild dargestellt werden. Dieser Modus stellt den am Häufigsten verwendeten Betriebsmodus von Rastertunnelmikroskopen dar und bietet eine höhere vertikale Auflösung als der Konstanthöhenmodus. Die erreichbare Scangeschwindigkeit in diesem Modus ist jedoch weitaus geringer als im Konstanthöhenmodus, da die z-Position des Scanners permanent durch einen Regelkreis kontrolliert und geregelt wird. Die Aufnahme eines STM-Bildes dauert in der Regel zwischen wenigen Minuten bis hin zu mehreren Stunden.
Prinzipieller Aufbau eines Rastertunnelmikroskops
Unsere Arbeitsgruppe verfügt über zwei Rastertunnelmikroskope: Ein Omicron-Micro-STM (Raumtemperatur), sowie ein Helium-gekühltes Tieftemperatur-STM (Omicron LT-STM).